"Mutlos zu sein ist keine Option"

Der Mitarbeiter:innen-Tag wurde durch ein Impulsreferat vom emeritierten Grazer Pastoraltheologen Prof. Rainer Bucher eröffnet. Er sprach davon, dass sich unsere Gesellschaft in einem grundlegendem Wandel befinden. Von den Veränderungen sind alle betroffen, sie können nicht zurückgedreht werden und haben ihren Höhepunkt noch nicht erreicht. Geschlechter-, Berufs- Religionsrollen, kulturelle und technologische Parameter haben sich verflüssigt, so Prof. Bucher. Außerdem haben sich die Machtverhältnisse zwischen dem Individuum und den religiösen Institutionen umgekehrt. Menschen – jeden Alters – richten sich nicht mehr selbstverständlich nach den normativen Vorschriften der katholischen Kirche. Vielmehr ist es so, dass nicht mehr die Religion die Leben der Menschen regiert, sondern die individuellen biografischen Bedürfnisse bauen die katholische Kirche um.
Das Vergangene ist vergangen, es kommt nicht wieder.
Prof. Bucher macht sehr deutlich, dass das Vergangene nicht wieder kommen werde und ermutigte gleichermaßen die Seelsorgenden ganz gegenwärtig zu sein. Zentral ist, mit den Menschen gemeinsam und nicht für sie zu entwickeln, was christliches Leben bedeutet. Es stellt sich die Frage, was es heute bedeutet in den Spuren Jesu gemeinsam verantwortungsvoll zu leben. Dazu braucht es Hoffnung und Mut, es neu anzugehen. Derzeit hindert viele noch ein zu viel an Konventionalismus, Risikoangst, Klerikalismus, Fantasielosigkeit, Routine und Kleingläubigkeit daran, in die Zukunft zu gehen.
Mutlosigkeit ist keine Option, dazu ist da Leben viel zu schön
Seinen Vortrag beendete Rainer Bucher mit einem Aufruf: Wir leben in politisch, gesellschaftlich, kulturell und religiös spannenden Zeiten, die können ratlos und manchmal mutlos machen. Aber gerade Mutlosigkeit ist das, uns als Menschen, als Bürger:innen und als Christ:innen derzeit nicht erlaubt ist. Denn mutlos zu werden ist niemals und nirgends eine Option, dazu ist das Leben viel zu schön. Im Anschluss an seine Gedanken lud der Referent die Seelsorgenden ein, am Mikrofon in Resonanz zu gehen, was intensiv genutzt worden ist.
Schließlich legten in einer Podiumsrunde Irmgard Lehner (FB-Leitung), Philipp Struß (Jugendbeauftragter), Steffi Hinterleitner (Berufsgemeinschaft SiP), Hans Holzinger, Autor (Robert Jungk – Zukunftsbibliothek) ihre Sicht auf Transformation dazu.
Freigeben – Macht – Neues.
Im Anschluss daran kamen die Seelsorgenden in drei Gruppen ins Gespräch:
Fokus A)
Freigeben! Es gibt sie, Tätigkeiten, Projekte, Veranstaltungen und Gottesdienste, die immer weniger Menschen nachfragen, besuchen und bemerken. Gleichzeitig vermehren die größer werdenden Räume auch andere und neue Aufgaben! Da unsere Ressourcen begrenzt sind müssen wir FREIGEBEN. Insofern stellen sich die Fragen: Was lassen wir wertschätzend los, was wir bis jetzt hingebungsvoll gemacht haben? Was hält uns im Vergangenen fest? Was lässt uns vertrauensvoll das Neue annehmen? Wie können wir wertschätzend Altes und Gegenwärtiges freigeben?
Fokus B)
MACHT. Manchmal hat der Begriff Macht einen negativen Beigeschmack. In diesem Fokus ging es darum den Begriff positiv aufzuladen, nämlich im Sinne des „machen könnens“. Denn wirkmächtige Menschen können etwas machen. Sie sind nicht machtlos und auf der Zuschauertribüne abgestellt. Sie machen, sie gestalten, sie bauen oft auch ganz etwas Neues. Dabei stellten sich die Fragen: Wie stimmt mich, die Situation bzw. Transformation, in der ich bin? Fühle ich mich den großen Veränderungen machtlos unterworfen? Oder fühle ich mich in meinem Wirkbereich durchaus mächtig?
Fokus C)
Da bricht schon was Neues auf! Im steten Wandel gehen alte Dinge fort und neue kommen. Die Frage ist, was ist das Neue, das mich erwartet? Bin ich aufgeregt oder leicht nervös, weil es das erste Mal und anders ist oder bin ich ganz gelassen? Wie sehe ich dem Neuen entgegen?
Der intensive Tag endete mit der Würdigung pensionierter Mitarbeiter (Martin Wintereder und Franz Schmidsberger) und einem abendlichen Kirchenkabarett mit Klaudia Achleitner und Wolfgang Müller aus Salzburg.
Fotos:
Den Tag begleitete Ursula Martina Tanzer fotografisch. Die Bildrechte liegen bei ihr. © (tina)tanzer